Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.03.2007, Nr. 56, S. 46

Aus der Abstellkammer
Bozica Babics Fotos in Frankfurt

Mirsada sitzt lässig zurückgelehnt auf der Esszimmerbank. Selbstsicher reckt die junge Frau mit den dunklen Locken das Kinn in die Kamera. Sie ist eine von 19 Frauen, die von der Designerin und Fotografin Bozica Babic in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo fotografiert wurden. Frauen, die zwischen 24 und 75 Jahre alt sind, Jeans, bunte Pullover und schicke Frisuren tragen. Frauen, wie sie die westliche Welt in Bosnien nicht erwartet, einem Land, das den meisten viele Jahre lang nur durch Kriegsgreuel, Zerstörung und Flüchtlingsströme bekannt war. "Dieses Bild von Bosnien und den Bosnierinnen will ich mit meiner Arbeit revidieren", sagt Babic.

Unter dem Titel "Magaza - Women in Transition" stellt das Frankfurter Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit der Stiftung Maecenia ihre Fotos noch bis zum 29. März aus. "Magaza" bedeute auf bosnisch Abstellraum, erklärt Babic. Dieses Wort beschreibe den Zustand des Landes und seiner Bewohner recht gut. Bosnien-Hercegovina befinde sich in einer Warteposition zwischen dem Ende des Krieges und dem Aufbruch in die westliche Welt. Diese nehme das Land aber nicht wahr oder ganz anders, als die Bosnier sich selbst sehen. Babic, die in Frankfurt aufgewachsen ist, bekennt, dass sie auch selbst ein falsches Bild von der Heimat ihres Vaters gehabt habe. Erstaunt habe sie bei einem Besuch in der bosnischen Hauptstadt festgestellt, dass die Frauen dort weder in der Apathie von Opfern leben noch die altmodischen Klischees bedienen. Sie traf und fotografierte Frauen, die als Schuhverkäuferin oder Deutschlehrerin, in einer Tanzschule oder als Pilates-Trainerin tätig sind. Allesamt mit dem festen Ziel, sich eine Zukunft zu schaffen. Viele der Frauen überlebten den Krieg im Ausland, haben dort studiert oder sich anderweitig fortgebildet. "Dieses Potential nutzen sie jetzt", sagt Babic.

Natürlich sind nicht alle Geschichten hinter den Gesichtern schön. Zena etwa sitzt vor zwei mit Folie abgeklebten Fenstern. Wenig Licht fällt auf das schmale Gesicht, dessen Augen in dem dämmerigen Licht verborgen liegen. Beide Söhne hat Zena im Krieg verloren. Trotzdem hat sie die Kraft gefunden, weiterzumachen. Heute organisiert sie die Aktivitäten eines Kino- und Kulturzentrums in Sarajevo. Auf Frauen wie sie macht "Magaza" aufmerksam, Frauen, die mancher Betrachter in einem Nachkriegsland nicht erwarten würde, Frauen, die ihr Leben in die Hand nehmen und Bosnien eine Zukunft geben.

ULRIKE KOBALL

"Magaza - Women in Transition" ist im Goethe-Institut Frankfurt, Diesterwegplatz 72, bis zum 29. März montags bis donnerstags von 9 bis 20 und freitags von 9 bis 17 Uhr zu sehen.


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